++Wiederholung++ Klaus Naumann: "Befehl und Gehorsam ist kein Widerspruch zur Demokratie"

Shownotes

Diese Folge ist eine Wiederholung vom 19.1.2023. Über ein Jahr später sind die hier besprochenen Themen aktueller denn je …

Mein heutiger Gast ist kein Wissenschaftler. Trotzdem hat er eine Menge zu sagen über strategisches Denken, Führung und Werte.

General Klaus Dieter Naumann gilt als der höchstdekorierte deutsche Soldat seit dem Zweiten Weltkrieg. Von 1991 bis 1996 war er Generalinspekteur der Bundeswehr und damit Chef von anfangs fast 600 000 Soldaten, danach Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Heute ist er 83 Jahre alt.

Mit entsprechender Ehrfurcht bin ich in das Gespräch mit ihm gegangen. Aber Ehrfurcht, sagt er mit einem Augenzwinkern, steht nur dem Papst zu. Begegnet ist mir ein freundlicher und warmherziger Mann, der überraschend offen über sein Leben und seine lange Karriere erzählt hat, über historische Momente, schwierige Entscheidungen und darüber, wie es war, Hans-Dietrich Genscher Kontra zu geben. Wir sprechen über Verantwortung, Vorbilder, Demut und Familie. Naumann ist ein exzellenter Erzähler. Als er seinen Besuch als erster ausländischer Gast an der Nationalen Verteidigungsakademie Israels beschreibt, haben alle im Raum Tränen in den Augen. Diese Folge ist eine ganz besondere.

**👤 Mehr über Klaus Naumann ** Wikipedia Im RHI-Newsletter am 20.3.24 wird ein schriftlicher Impuls von General Klaus Naumann zur aktuellen weltpolitischen Lage enthalten sein. Hier können Sie ihn abonnieren.

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00:00:00: Der Podcast des Roman-Herzog-Instituts

00:00:04: "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen."

00:00:06: Tina Meier Schneider spricht mit Menschen,

00:00:08: für die diese Aufforderung eine Aufgabe ist.

00:00:12: Hallo, Sie haben den Podcast aus dem Roman-Herzog-Institut eingeschaltet.

00:00:18: Heute wiederholen wir die Folge mit General AD Klaus Naumann aus aktuellem Anlass.

00:00:25: Vor rund einem Jahr habe ich hier am Institut mit ihm zur Weltlage gesprochen.

00:00:31: Diese hat sich seitdem nicht entschärft, es ist sogar noch zugespitzter geworden.

00:00:37: Es ist immer noch Krieg in der Ukraine und auch in Israel wird weiter gekämpft.

00:00:44: Genau aus diesem Grund möchten wir gerne das Gespräch mit Ihnen noch einmal teilen.

00:00:50: Im kommenden RHI-Newsletter, der am 20.03. erscheint,

00:00:54: wird General AD Naumann auch einen schriftlichen Impuls zu seiner Einschätzung,

00:01:00: wo wir heute in der weltpolitischen Lage stehen geben.

00:01:05: Vielleicht haben Sie Interesse, diesen nachzulesen.

00:01:08: Dann abonnieren Sie doch einfach unter www.romanherzog-institut.de,

00:01:13: den Newsletter unseres Instituts.

00:01:16: Wir spammen Sie auch nicht voll, der Newsletter erscheint nur dreimal im Jahr

00:01:20: und präsentiert unsere Veranstaltungen und Publikation.

00:01:24: Jetzt wünsche ich Ihnen aber viel Spaß beim Hören der Folge.

00:01:28: Klaus Naumann ist ein wunderbarer Erzähler.

00:01:31: Ich habe nie von Soldaten, die ich führen dürfte, etwas anderes verlangt,

00:01:38: dass das was ich selbst zu leisten bereit war.

00:01:40: Die Russen hatten vor drei Armeen dieser Welt Angst.

00:01:47: Das waren die Amerikaner, das waren die Britten und die Deutschen.

00:01:52: Und diese Angst hat uns Frieden erhalten.

00:01:55: Befehlungen gehorsam ist kein Widerspruch zur Demokratie.

00:02:01: Mein heutiger Gast ist kein Wissenschaftler.

00:02:07: Trotzdem hat er eine Menge zu sagen über strategisches Denken, Führung und Werte.

00:02:12: General Klaus Dieter Naumann gilt als der höchst dekorierte deutsche Soldat

00:02:16: seit dem Zweiten Weltkrieg.

00:02:17: Von 1991 bis 1996 war er Generalinspektör der Bundeswehr

00:02:22: und damit Chef von Anfangs fast 600.000 Soldaten.

00:02:25: Danach Vorsitzender des NATO-Militärausschusses.

00:02:28: Heute ist er 83 Jahre alt.

00:02:30: Mit entsprechender Ehrfurcht bin ich in das Gespräch mit ihm gegangen.

00:02:35: Aber Ehrfurcht, sagt er mir mit einem Augenzwinkern, steht nur dem Papst zu.

00:02:39: Begegnet ist mir ein freundlicher und warmherziger Mann,

00:02:42: der überraschend offen über sein Leben und seine lange Karriere erzählt hat.

00:02:47: Über historische Momente, schwierige Entscheidungen

00:02:50: und darüber, wie es war, Hans-Dietrich Genscher-Kontrat zu geben.

00:02:54: Wir sprechen über Verantwortung, Vorbilder, Demut und Familie.

00:02:59: Naumann ist ein Exzellenter-Hezeler.

00:03:02: Als er seinen Besuch als erster ausländischer Gast

00:03:04: an der Nationalen Verteidigungsakademie Israel jetzt beschreibt,

00:03:08: haben alle im Raum Träden in den Augen.

00:03:11: Diese Folge ist eine ganz besondere.

00:03:16: Ich freue mich, dass Sie heute hier sind, bei uns zu Gast General Klaus Naumann.

00:03:21: Ja, vielen Dank für die Einladung.

00:03:23: Ich bin sehr gerne gekommen und freue mich auf unser Gespräch.

00:03:25: Verraten Sie mir gleich vorne weg.

00:03:27: Wie ist es denn der höchste Soldat der NATO zu sein?

00:03:30: Ach, das war eine spannende Zeit, in der ich das sein durfte,

00:03:35: weil die NATO das erste Mal in Einsätze außerhalb des NATO-Vertragsgebietes ging.

00:03:40: Das ist etwas, wofür sie gar nicht gebaut war.

00:03:43: Und dann hatten wir das Glück, dass wir damals versuchten,

00:03:47: mit der russischen Föderation eine Vereinbarung auszuhandeln,

00:03:53: die uns ein bisschen Hoffnung auf Frieden gab.

00:03:57: Und wir haben die NATO-Osterbeitung gemacht.

00:03:59: Und als kleine, das Bombo noch obendrauf,

00:04:02: kam dann das Aushandeln eines neuen strategischen Konzepts,

00:04:05: das immerhin zwölf Jahre lang gültig blieb.

00:04:08: Und abgeschlossen habe ich etwas, was ich im Grunde nie erleben wollte.

00:04:15: Ich musste als oberste Soldat der NATO einen echten Kriegseinsatz der NATO im Kosovo,

00:04:20: sozusagen überwachen.

00:04:22: Hoffnung auf Frieden.

00:04:24: Lassen Sie uns noch mal zurückgehen in Ihr Geburtsjahr.

00:04:27: Sie sind 1939 in München geboren.

00:04:31: Inwieweit hat diese Zeit Sie in Ihrem Leben geprägt?

00:04:35: Also die gut ein fünf bis sechsjährige erlebt von einem Krieg, nicht so alt, so fähig.

00:04:42: Ich habe sehr bewusst erlebt, das große Bomboabmau von München, 1944.

00:04:49: Ich habe dabei das erste Mal gesehen, wie Menschen sterben.

00:04:54: Ich habe gesehen, wie eine einzige Fliegerbombe, ein vierstöckiges Haus,

00:04:58: in ein Haufen Dreck, der hinterher ein wunderbarer Spielplatz für uns wurde, verwandelt.

00:05:05: Und ich habe erlebt, was es eigentlich heißt, wenn man in einem Keller sitzt,

00:05:09: eingesperrt ist, fünf, sechs Stunden lang und hofft, dass man rauskommt.

00:05:15: Die Hoffnung hat man dann auch als fünf, sechsjähriger, wenn man die Angst der Erwachsenen erlebt.

00:05:21: Also es hat schon geprägt und es hat mich auch später doch geleitet zu einer Sache,

00:05:28: weil ich mich so ein bisschen zwar in Abstimmung mit dem Verteidigungsminister Rühe,

00:05:34: aber doch gegen den Außenminister stellen musste, als wir im Verteidigungsministerium den Wunsch hatten,

00:05:42: die taktischen Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen, die keinen Sinn mehr machten.

00:05:47: Genscher unterstützte das keineswegs, aber wir wollten das im Verteidigungsministerium,

00:05:52: weil wir sagten, wenn diese Waffen hier mal aus eingesetzt werden,

00:05:55: werden sie nur auf deutschen Boden eingesetzt und das wollten wir natürlich auf keinen Fall.

00:06:01: Da war die Erinnerung an die Bombennächte in München durchaus ein prägender Faktor.

00:06:07: Sie haben eine durch und durch militärische Karriere eingeschlagen.

00:06:12: Hat das in Ihrer Familie eine Tradition oder gab es da eine Affinität zu diesem Beruf?

00:06:18: Nein, überhaupt nicht. Ich hatte auch bis ich dann, 1958 im Oktober in Landshutssoldat wurde,

00:06:26: noch gar nicht die Absicht gab, Soldat zu werden.

00:06:28: Ich wollte ganz friedlich Archäologie studieren und träumte davon,

00:06:34: so ein 16-17-Jährige irgendwo in Mittelamerika noch irgendwas zu entdecken.

00:06:39: Ich war fasziniert von den Inka, Majas und Arzt Degen.

00:06:43: Weißt das, die Inkas in Südamerika sind.

00:06:46: Aber dann habe ich irgendwann, 1956, diese letzte Radiosendung dieses ungerischen Senders gehört.

00:06:57: Vielleicht haben Sie das mal gelesen.

00:07:00: Erzählen Sie uns bitte davon.

00:07:02: Mein Gott, man hört ja damals so aus, heranwachsender, man hat ja nicht bayerischen Unfunk gehört,

00:07:09: sondern man hat AFN Munich gehört oder wie die damals das aussparen, AFN Newbyburg, Neubiburg.

00:07:16: Und die brachten live die Sendung, diesen Aufruf der Ungarn um Hilfe.

00:07:25: Und ich werde nie vergessen, diese Stimme wie der, ich höre sie praktisch jetzt noch,

00:07:31: wie dieser Mann auf der Radiosstation sagte, "Völker der Welt hört die Stimme des freien Ungarn."

00:07:40: Wir werden in wenigen Minuten die Feuer auf unseren Wachtturmen erlöschen lassen.

00:07:46: Helft uns.

00:07:47: Und dieser Ausdruck völliger Hilflosigkeit und Verzweiflung,

00:07:53: der hat sogar bei den 16-Jährigen den ungewöhnlichen Prozess des Nachdenkens ausgelöst.

00:08:00: Und ich habe dann eben gesagt, man muss irgendwas tun.

00:08:03: Und ich habe mich dazu entschlossen, es soll da zu werden.

00:08:06: Die Archäologie ist ja auch für ein 16-Jährigen jetzt ein etwas ungewöhnliches Fach.

00:08:11: Haben Sie eine humanistische Bildung genossen?

00:08:13: Ich habe neun Jahre Latein gelernt, das prägt fürs Leben.

00:08:18: Und hier in München am Gymnasium, nehm ich an.

00:08:20: Heute heißt das Ding Oscar von Milo Gymnasium.

00:08:24: Damals war es nur für Jungs zugelassen.

00:08:26: Heute sind in dem üblichen Verfall aller Sitten natürlich auch junge Damen dort zugelassen,

00:08:33: was damals für uns völlig undenkbar war.

00:08:36: Jetzt sind sie in Landshut gestartet, aber dort ja nicht geblieben.

00:08:40: Also mit ihrem Beruf verbunden ist ja eigentlich auch ein ständiger Ortswechsel.

00:08:45: Am Anfang wahrscheinlich noch ohne Familie, später dann mit der Familie.

00:08:50: Sie sind verheiratet und haben Kinder.

00:08:53: Wie ist es gewesen, ständig unterwegs zu sein?

00:08:56: Naja, das war, das Schwierigste war, dass für meine Frau und meine beiden Kinder Sitten

00:09:02: auf der Welt waren.

00:09:04: Ich hatte damals noch die seltsame Sitte der Bundeswehr zu befolgen.

00:09:08: Ich durfte ja vor 25 nicht heiraten.

00:09:12: Und wir waren Kasernenpflichtig, etwas, was man den jungen Leuten heute gar nicht mehr

00:09:15: zumuten kann.

00:09:16: Und wir haben dann mit 25, ich war geheiratet, 1964, 67 Gramm unsere Tocher zur Welt und

00:09:27: 69 unser Sohn.

00:09:28: Und wir sind mit den Kindern, insgesamt wenn ich ihre Schulwechsel zähle, sind wir an neuen

00:09:36: verschiedenen Schulstandorten mit ihnen gewesen.

00:09:39: Insgesamt sind wir in meinem Berufsleben 21-mal umgezogen, bis wir jetzt wieder in meiner

00:09:46: näheren Heimat um München herumgelandet sind.

00:09:50: Das war immer schwierig und meine Frau und meine beiden Kinder haben letztlich die Last

00:10:00: der Umzüge getragen.

00:10:01: Ich hatte es immer einfach.

00:10:03: Ich fiel in ein Netz.

00:10:05: Ich war ja irgendwas in dieser Organisation Bundeswehr, während meiner Frau sich immer

00:10:10: an neue Umgebungen gewohnt musste.

00:10:12: Die Kinder, immer die Neuen auf dem Schulhof waren.

00:10:16: Und mein Sohn hat mir das mal sehr plastisch erzählt.

00:10:20: Ich habe mit ihm als er seinen zweiten juristischen Staatsexamen hatte, habe ich mit ihm eine

00:10:28: Woche Auszeit gemacht und bin auf den Berg Athos mit ihm wandern gegangen.

00:10:32: Und sehr bewusst auch seinem Wunsch entsprechend auf den Berg Athos.

00:10:38: Wir hatten sehr viel Zeit für uns.

00:10:40: Und wir sind jeden Tag um vier mit dem München aufgestanden und sind dann so etwa 20 Kilometer

00:10:47: pro Tag gelaufen.

00:10:48: Und dabei hat man sehr viel Zeit sich auszutauschen.

00:10:52: Und da war immer mit eines der Themen, hast du eigentlich jemals gewusst, was du uns antust,

00:11:00: wenn wir immer wieder die Neuen sind.

00:11:01: Und ich habe mir dann auch gesagt, dass mir das sehr bewusst war, dass ich das schon

00:11:07: wusste.

00:11:08: Aber dass ich Ihnen auch keinen Gefallen getan hätte, wenn ich ewig an irgendeinem Ort

00:11:14: geblieben wäre, der sagen konnte, ich will nicht weg.

00:11:16: Aber das hätte ihm nichts gebracht, hätte mir nichts gebracht.

00:11:20: Und ich habe mir dann auch gesagt, weißt du, für einen Jungen ist vermutlich nichts schlimmer,

00:11:25: als einen ewig muffigen Vater zu Hause zu haben.

00:11:27: Dabei sind sie ja auch nicht nur in Deutschland geblieben.

00:11:31: Diese neuen Umzüge haben sie ja auch weltweit hinausgeführt.

00:11:35: Aber nochmal darauf zurückzukommen, überhaupt diese Karriere im Militär einzuschlagen.

00:11:42: Gab es dort Vorbilder für Sie, besondere Menschen, denen Sie begegnet sind, dass Sie gesagt haben,

00:11:48: ich bleib wirklich Soldat.

00:11:50: Und auch wenn ich das jetzt so sagen darf, mache eine Karriere dort.

00:11:55: Also, wie Sie wissen, die Karriereplanung war damals sehr begrenzt.

00:12:01: Meine ersten Vorgesetzten, die ich in guter Erinnerung behalten, um alles Weltkriegsgediente

00:12:06: offiziere, zum Teil, wenn er die sechs, sieben Jahre in russischer Gefangenschaft gewesen

00:12:13: war, die haben schon geprägt durch eine vorbildliche Erhaltung, eine vorbildliche Pflichterfüllung

00:12:23: bescheiden und waren natürlich wesentlich älter.

00:12:27: Mein erster Battalionkommandeur war so um die Mitte 50 und als ich dann Battalionkommandeur

00:12:34: wurde, war ich gerade mal dabei 40 zu werden.

00:12:38: Es war eine ganz andere Generation.

00:12:44: Geprägt haben die uns durch ihre vorbildliche Erhaltung und durch ihre Bescheidenheit.

00:12:51: Keiner von denen hatte irgendwie, na sagen wir mal, den Griff nach den goldenen Sternen

00:12:57: im Sinn.

00:12:58: Keineswegs.

00:12:59: Ich auch nicht.

00:13:00: Als ich junger Leutnant war, habe ich davon geträumt, dass ich eines Tages mal ein Battalion

00:13:05: führen durfte, so wie mein alter Oberstleutnant Legeviedem damals mein Battalionkommandeur

00:13:11: war.

00:13:12: Aber die Hoffnung, dann mal höher zu kommen, die Wuchs natürlich, damit da genauer Storbsausbildung

00:13:21: war.

00:13:22: Ich war ausgewählt für die Generalstorbsausbildung.

00:13:24: Da sind immer so damals 8% eines Geburtstherkerns gewesen.

00:13:30: Und wenn man die bestanden hatte, dann konnte man schon so ein bisschen realistische Hoffnung

00:13:36: haben, dass man eines Tages aus Oberst enden würde.

00:13:40: Aber der General, der war auch am Ende der Generalstorbsausbildung, noch lange nicht

00:13:46: mein Karriere zählt.

00:13:48: Ich habe im Grunde, muss ich Ihnen ehrlich sagen, ich habe nie das Karrierezier gehabt,

00:13:53: genau zu werden.

00:13:54: Da habe ich es dann wahr, habe ich es ganz gut empfunden.

00:13:55: Und dann kam halt die Goldgräbermentalität, wenn man einen goldenen Stern hat, dann muss

00:14:00: man ihn in Zweiten haben wollen.

00:14:01: Drei, glaube ich, wenn es richtig liegt, oder vier sogar.

00:14:06: Dann sehen Sie es mir nach.

00:14:07: An einigen Stellen ist es schon angeklungen für mich das Thema Verantwortung.

00:14:12: Sie haben sich ganz offen ja eben auch dem gestellt, was man oder was Ihnen in der Familie

00:14:17: auch mal als Rückmeldung gegeben wurde.

00:14:20: Wie ist es aber, wenn jemand der oberste Chef aller Soldatinnen Deutschlands ist?

00:14:27: So viele Mitarbeiter hat sozusagen.

00:14:31: Wie bleibt man da im Gespräch?

00:14:33: Wie verliert man nicht den Kontakt in sein Her?

00:14:37: Das war ja nicht nur Her, war ja Luftwafferin Marine auch noch dazu.

00:14:40: Also ich, Generalinspektor wurde, hatte die Bundeswehr 600.000 Wann.

00:14:45: Das war ja kurz nachdem wir die nationale Volksarmee integriert hatten und dann sie auflösten,

00:14:54: in großen Teilen auflösten, aber in Teilen übernommen haben.

00:14:56: Und das ist vielleicht eines der Merkmale oder eine Besonderheit meiner Zeit, Generalinspektor.

00:15:03: Ich hatte drei Dinge, die ich als Herausforderung nennen würde.

00:15:08: Eine war die Übernahme und Integration der Reste der nationalen Volksarmee, der DDR.

00:15:15: Das zweite, von den eben erwähnten 600.000, musste dann in meinen fünf Jahren Amtszeit

00:15:22: aus Generalinspektor 240.000 abbauen lautlos.

00:15:27: Und das Dritte war, wir mussten anfangs noch nicht gefördert von der politischen Führung

00:15:38: uns auf die ersten Auslandseinsätze einstellen, weil das Argument, das bis zur deutschen

00:15:45: Vereinigung immer politisch verwandt worden war.

00:15:49: Wir wollen nicht in U-Einsätze gehen, um nicht die Situation zu leben, dass Deutsche

00:15:54: gegen Deutsche stehen.

00:15:55: Das galt ja nicht mehr.

00:15:58: Und jetzt mussten wir uns der Verantwortung stellen, die alle Mitglieder der Vereinten

00:16:04: Nationen übernommen haben.

00:16:05: Denn sie haben ja mit ihrer Mitgliedschaft auch die Bereitschaft übernommen, eben Dienst

00:16:11: der Vereinten Nationen einzutreten.

00:16:13: Das war nun für uns unausweichlich geworden.

00:16:17: Und dann sind wir eben in meiner Dienstzeit aus Generalinspektor diesen, ich finde mal,

00:16:23: sehr behutsamen Weg gegangen vom Einsatz von Sanitätskräften in Kambodscha weiter zu

00:16:30: Hilfenssatz in Somalia.

00:16:32: Und dann schließlich die Einsätze vor und in Jugoslawien.

00:16:37: Im Laufe der Zeit hat sich damit ja die Rolle auch der Bundeswehr sehr verändert, was sie

00:16:44: eben angesprochen haben.

00:16:45: War die Bundeswehr aus ihrer Sicht zu dem Zeitpunkt, wo sie gestartet haben, darauf

00:16:51: vorbereitet?

00:16:52: Nein, natürlich nicht.

00:16:55: Wir waren ausgerichtet auf Landesverteidigung und wir haben das mit der Landesverteidigung

00:17:02: sehr, sehr ernst genommen.

00:17:03: Also ich sage heute immer wieder, wenn ich darüber berichte, wo immer Einsatzräume

00:17:09: meiner, der von mir zu führenden Toppteile war, dort kannte ich jeden Busch beim Vornamen.

00:17:15: Wir wollten den Heimvorteil des Verteidigungs ausnutzen und haben uns grundlich darauf

00:17:21: vorbereitet.

00:17:22: Es war auch eine Ermedie, die einsatzbereitbar war.

00:17:24: Also aus generalen Spektr die Bundeswehr verließ, 1996 hatten wir noch 14 Hirresdivisionen,

00:17:32: die einsatzbereitbar waren, wenn auch nach kurzer Vorbereitungszeit.

00:17:37: Aber das Material war da, die Menschen waren da, man ausgebildet und ich glaube auch, wenn

00:17:44: wir hätten um Deutschland kämpfen müssen, hätten wir gekämpft und nicht schlecht.

00:17:50: Zumindest waren wir, das habe ich dann in den ersten Kontakten mit den früheren Sowjets

00:17:58: heute dann Russen erlebt.

00:18:00: Wir waren geachtet und geförchtet.

00:18:03: Die Russen hatten vor drei Armeen dieser Welt Angst.

00:18:08: Das waren die Amerikaner, das waren die Brücken und die Deutschen.

00:18:13: Und diese Angst hat uns Frieden erhalten.

00:18:16: Vielleicht können wir da an einer anderen Stelle gleich noch mal darauf zurückgehen, was mich

00:18:21: interessiert ist, dass Sie gesagt haben vor den Briten auch.

00:18:24: Sie selbst haben am Royal College of Defense studiert, auf Defense Studies, so heißt es

00:18:30: richtig.

00:18:31: Und damals ja noch zu einer Zeit, wo Großbritannien Kolonial macht, ja noch war und galt.

00:18:38: Was haben Sie dort erlebt an militärischen Herangehensweisen?

00:18:43: Also dieses Jahr in London war für mich einer der Höhepunkte meiner Laufbahn.

00:18:49: Ich habe in diesem Jahr zum ersten Mal erlebt, dass man die Kirchtumperspektive eines Deutschen

00:18:59: auch verlassen kann, dass man global denken kann, dass man auch global denken muss, wenn

00:19:05: man in dieser Welt leben will.

00:19:07: Aber ich habe erlebt, wie 36 Nationen sehr unterschiedlicher Prägung miteinander auskamen,

00:19:15: miteinander am Ende dieser Zeit auch den vorsatzfasten Konflikte zwischen den Nationen zu überwinden.

00:19:22: Ein erster Beispiel, Inder und Pakistan, ich war in dem Lehrgang oder Israelei und Jordania.

00:19:29: Ich glaube, dass derartige Ausbildung etwas unheimlich Positives hat.

00:19:38: Und es weitet den Horizont.

00:19:41: Die Ausbildung ist qualitativ das Beste, was ich je erlebt habe.

00:19:46: Und ich habe auch gestaunt über die große Offenheit, mit der uns die Engländer auf ihre

00:19:55: eigenen Schwierigkeiten hingewiesen haben.

00:19:57: Wir waren in Nordirland, als zu einer Zeit, als dort noch gekämpft wurde.

00:20:02: Ich habe in den Elendsfördern von Liverpool erlebt, wie Menschen in Großbritannien dahin

00:20:12: vegetierten.

00:20:13: Das wurde auch ganz offen dargelegt.

00:20:15: Es wurde auch gesagt, wie sie versuchen, das Problem zu lösen.

00:20:19: Und sie haben dann auch gelegentlich gesagt, nun sagt uns doch mal, wie würdet ihr es

00:20:24: denn machen?

00:20:25: Also, dieses Jahr war für mich fantastisch.

00:20:29: Und dass ich dann im Zuge dieses Jahres, da gehörte immer eine sechswöchige Auslandsreise

00:20:35: dazu.

00:20:36: Und ich hatte das Glück, dass ich, ich bekam nicht mein erstes Los, ich wollte dann nach

00:20:41: China, aber da hatte ich keine Chance.

00:20:44: Ich bekam Lösungen 2, Indien, Pakistan und Sri Lanka.

00:20:48: Und das war faszinierend, weil wir dort nicht touristisch durch die Gegend gefahren sind,

00:20:55: sondern mit den Führungseliten aus allen Gesellschaftsbereichen ins Gespräch kam.

00:21:01: Ich erinnere ein Gespräch mit Indira Gandhi, die damals Ministerpräsidentin war, wo über

00:21:09: die Rolle von Atomwaffen im Indo-Pazifischen Raum gesprochen wurde.

00:21:13: Oder ein Gespräch mit dem damaligen Pakistanischen Ministerpräsidenten.

00:21:18: der deutschen Staat überhaupt, Sia Ul Haq, über Islam und Demokratie.

00:21:24: Das sind Eindrücke, Erlebnisse, die man für den Rest seines Lebens nicht vergisst

00:21:30: und die einem dann auch helfen, zu begreifen, was Toleranz eigentlich wirklich ist.

00:21:34: Was ist Toleranz für Sie?

00:21:36: Grundelement unserer Demokratie.

00:21:39: Und das habe ich so oft in Auseinandersetzung gerade mit eifenden deutschen Vermisst.

00:21:48: Ich habe in meiner Anfangszeit das Vergnügen, mich mit der Friedensbewegung bei der Nachrüstung

00:21:56: mit Pörsching-Zwogen-Grussmessel auseinanderzusetzen, wo wir Soldaten letztlich allein gelassen wurden.

00:22:03: Die Politik druckte sich weg, wie sie das in Deutschland ja oft und gerne tut.

00:22:08: Und wir erlebten dann, das ist Demonstranten, die das Gleiche wollten wie wir, nämlich Frieden,

00:22:18: aber die von einer unglaublichen Arroganz besessen waren und glaubten, sie hätten wirklich die Weisheit mit Löffeln gefressen

00:22:26: und hätten während dem Besitz der alleinseligen Wahrheit etwas, was kein katholischer Brüster jemals für sich pernsporen würde.

00:22:34: Die Zeit, als Sie erst England berichtet haben und vor Ihren Reisen und Sie waren an vielen Orten in der Welt,

00:22:43: was haben Sie mitgenommen oder haben Sie eine Botschaft an die jungen Menschen, lohnt es sich raus in die Welt zu gehen,

00:22:50: den anderen zu begegnen, kann ich nur dann auch gut hier mein Leben führen, wenn ich verstehe,

00:22:57: in welche Kontexte ich auf der Welt eingebunden bin?

00:23:01: Also ich würde jedem jungen Menschen rein, ich habe zwar meinen Kindern und meinen jetzt vier Enkelkindern immer wieder gesagt,

00:23:08: reist, wo immer ihr reisen könnt, es öffnet euch die Augen und ihr kommt auch zurück in dieses Land

00:23:16: und erkennt, dass ihr wirklich in einem der freiheitlichsten besten Länder lebt, die es auf dieser Welt gibt.

00:23:24: Und ich würde es auch all unseren Mitbürgern immer wieder sagen, dieses Land, das aus den Trümmern wirklich aufgebaut wurde,

00:23:33: wenn ich hier herausgegucke, ich habe das zum Teil in Trümmern gesehen, was hier steht.

00:23:42: Es ist für mich eine der größten Leistungen der Generation unserer Eltern,

00:23:49: dass sie das wieder geschafft haben, aus den Trümmern wieder ein blühendes Land zu machen

00:23:54: und dass wir eine Demokratie geworden sind. Zum ersten Mal in unserer langen Geschichte,

00:23:59: wir haben die beste, freiheitlichste Lebensordnung, die Deutschland in seiner langen Geschichte je kannte.

00:24:07: Und der Kern ist für mich dabei immer, wir haben eine Lösung gefunden, in der die Macht des Rechts,

00:24:13: jeden Einzelnen auch davor schützt, dass sein Staat gegen ihnen Gewalt anwendet

00:24:20: und was Besseres kann man im Leben doch nicht erreichen.

00:24:23: Konnten Sie Freundschaften halten in die Welt hinaus, die Sie bereist haben?

00:24:28: Ja, dank des Internets ja.

00:24:30: Und Ihrer Frau vielleicht auch, die Sie ja viel begleitet hat und wahrscheinlich auch schon viele Aufgaben

00:24:38: auf dem gesellschaftlichen Paket mit Ihnen zusammengemeistert hat?

00:24:42: Meine Frau hat unheimlich viel geholfen, dass ich erreichen konnte, was ich beruflich erreichen wollte.

00:24:49: Weil sie so manches Mal, wenn ich Not getrunken,

00:24:54: vielleicht mal die ein oder andere Schärfe oder Härte anwenden musste, den Ausgleich gefunden hat

00:25:01: und den manchmal vielleicht etwas getroffenen Gesprächspartnern vermitteln konnte,

00:25:07: der ist gar nicht so schlimm, wie ihr ihn heute erlebt habt.

00:25:10: Und das hat viel geholfen.

00:25:12: Und jetzt auch, ich erzähle mal eine Episode, die ich besonders nett finde,

00:25:17: ich war in Argentinien auf offizielle Einladungen,

00:25:20: wir sollten dort den argentinischen Militär ein bisschen nahe bringen,

00:25:24: dass man in einer Demokratie Hierarchie mit Befehlungen geholfen hat,

00:25:30: durchaus mit Demokratie und Achtung der Menschenwürde vereinen kann.

00:25:35: Und mein argentinischer Counterpart war ein ältere Mann, deutlich älter als ich, feiner, alter Herr,

00:25:45: der dann irgendwann zu meiner Frau an meinem Abendessen sagte,

00:25:50: ich würde an sich so furchtbar gerne ihren Mann mit dem Vornamen ansprechen, aber ich trau mich nicht.

00:25:57: Und da hat sie ihm dann gesagt, also, mach das.

00:26:01: Er nimmt das bestimmt in kleiner Weise üben und erfreut sich auch drüber.

00:26:06: Und daraus entstand dann eine Verbindung, die auch noch ein bisschen angehalten hat,

00:26:10: dann geht natürlich die Zeitläufe drüber weg.

00:26:12: Eine Besonderheit, die mir in ihrem Lebenslauf noch aufgefallen ist,

00:26:16: ist, dass sie 1992 auch als erster ausländischer Gast in Israel

00:26:22: an der Verteidigungsakademie des Landes gesprochen haben.

00:26:25: Und wenn ich das lese, geht bei mir natürlich auch emotional und Kopfkino.

00:26:30: Wie ist das so, als deutscher Oberster Militär dort in Israel zu sprechen?

00:26:37: Das sprechen war das harmloseste bei der ganzen Geschichte,

00:26:41: es waren zwei Momente, die schwierig waren.

00:26:46: Ich bin auf Einladung von Ehrhut Barak nach Israel geflogen.

00:26:51: Der war dann Generalstabchef und ich war deutscher Generalinspektör.

00:26:56: Der erste schwierige Moment war Yad Vashem,

00:27:00: das Denkmal für die Toten des Holocaust,

00:27:03: mit diesem jeden normalen Menschen, glaube ich,

00:27:07: zutiefst erschütternden Kindermemorial dort.

00:27:10: Und sie haben mich natürlich dort hingeschleppt,

00:27:14: wo ich fotografiert wurde,

00:27:16: die im Fehlverhalten von deutschen Soldaten, nicht von SS oder sonstigen Scherigen,

00:27:21: sondern von Soldaten, der wehrmacht.

00:27:24: Und haben auf diese Weise mir deutlich zu machen versucht,

00:27:28: du stehst in einer Linie und du hast Verantwortung für das, was da geschöpft ist.

00:27:34: Das hätten sie mir nicht sagen wollen, das wusste ich ja,

00:27:36: sonst wäre ich ja nicht nach Israel geflogen.

00:27:38: Ich wollte ja etwas tun, um die beiden näher zu bringen.

00:27:42: Aber dieses Yad Vashem war nicht leicht.

00:27:46: Und ich habe dann, ich glaube, überwacht von 41 Fernsehstationen auf der Welt,

00:27:52: mich in das Gästebuch eingetragen.

00:27:56: Jede Zeile, die ich da geschrieben habe, ist übertragen worden.

00:28:00: Und die Quintessenz war, ich bin hier, damit es nie wieder geschieht.

00:28:07: Und ich glaube, das ist mir auch abgenommen worden,

00:28:11: weil ich zu Beginn eine ganz einfache Sache gemacht habe,

00:28:16: die über viele Herzen geöffnet hat.

00:28:18: Man muss ja, wenn man irgendwo als oberster Soldat auftritt,

00:28:21: so eine Irrenformation abschreiten, die Israelis machen das wie die Bretten.

00:28:26: Man geht vorbei, man spricht da mal mit dem einen oder anderen Soldaten.

00:28:30: Und ich wusste, dass das kommt, dann hatte mir Dreisätze in Hebräisch gemerkt.

00:28:36: Und dann bin ich beim ersten Stehen geblieben und habe den Hebräisch gefragt,

00:28:41: wie es ihm geht und ob er Englisch spricht.

00:28:44: Und die Antwort war noch so, dass ich meine zweite Frage stellen konnte.

00:28:49: Und diese Tatsache, dass der Deutsche mit dem Israeli-Hebräisch-Sprach

00:28:55: muss viele Israelis wirklich tief berührt haben.

00:28:59: Mir wurde es jedenfalls mehrfach während des Besuchs gesagt,

00:29:02: dass er der Eisbrecher gewesen war.

00:29:06: Dennoch wurde ich am Abend überrascht, dass mein Gastgeber Ehud Barak,

00:29:10: den ich seit Jahren kannte, mit dem ich glaubte, irgendwie so befreundet zu sein.

00:29:15: Eine Tischrede hielt, vor rund 400 Teilnehmern,

00:29:19: alle Generale, Admirale der israelischen Armee, Streitkräfte anwesend mit ihren Ehefrauen.

00:29:28: Meine Frau war auch dabei.

00:29:30: Und die Rede war relativ unversöhnlich.

00:29:34: Ich sag, Tenor, wir können nicht vergessen, wir wollen nicht vergessen,

00:29:38: wir können nicht verzeihen und wir wollen nicht verzeihen.

00:29:42: Und da stieg mir erst mal da wieder berühmte Oxfam Berg.

00:29:47: Alles, was man sich vorher vorbereitet hat, ausgedacht hat, war weg.

00:29:51: Das konnte ich nicht verwenden.

00:29:54: Also, wie nur das Verwandte, was ich immer machte bei jedem offiziellen Besuch,

00:29:58: ich habe immer meine Tischrede mit einem Satz in der Landesprache begonnen,

00:30:04: dem ich mich bedankt habe für die Einladung.

00:30:08: Und ich habe immer geendet mit einem Satz in der Landesprache,

00:30:11: in dem ich den Streitkräften des Landes alles Gute wünschte.

00:30:15: Und dann musste ich improvisieren.

00:30:18: Und ich habe eben so Quintessenz gesagt,

00:30:22: denken Sie doch bitte nicht, dass die Jahre von 1933 bis 1945 die Quintessenz deutscher Geschichte sind.

00:30:30: Es geht viel länger zurück.

00:30:32: Und vieles, was wir Deutsche Deutsch nennen, ist völlig undenkbar,

00:30:36: ohne den kulturellen wissenschaftlichen Beitrag der Juden, die in Deutschland lange Jahre glücklich, harmonisch,

00:30:44: natürlich auch immer wieder verfolgt und geschonten gelebt haben.

00:30:48: Und wir sollten uns an diese Gemeinsamkeiten erinnern und aus den Gemeinsamkeiten,

00:30:52: die Kraft finden, für das Morgen zusammenzuarbeiten.

00:30:56: Auch wenn Sie das wollen, dann haben Sie mir einen, der gerne mitmacht.

00:31:01: Wenn Sie es nicht wollen, lassen Sie mich wissen, dann weiß ich ab.

00:31:04: Und dann war Tod einstellend im Morgen.

00:31:08: Und einer der, wohl einer der ältesten, stellvertretender Verteidigungsminister,

00:31:14: war der Mann, der als Luftwaffenchef diesen Angriff auf den irakischen Reaktor geflogen hat

00:31:21: und der zwei Söhne in den Kriegen Israels verloren hatte.

00:31:25: Der kam auf mich zu und es war so die Hainun-Szene.

00:31:29: Also, der ging auch fast so wie Garry Cooper in dem Film.

00:31:32: Und ich dachte jetzt, mein Gott, was macht er mit mir?

00:31:36: Haut er mir jetzt eine runter oder was ist?

00:31:39: Und da blieb er vor mir stehen, umarmte mich und sagte,

00:31:43: Schalom Gloss, du hast von jetzt an ein Heimspiel.

00:31:48: Und da dachte ich, endlich mal was Gutes getan.

00:31:52: Wie?

00:31:54: Jetzt muss ich selber kurz mir einmal durchs Auge wischen,

00:31:57: weil Sie mich jetzt sehr berührt haben.

00:31:59: Sehen Sie mir das nach?

00:32:01: Jetzt komme ich gar nicht richtig dazu, meine Anschlussfrage.

00:32:05: Sie vermitteln Haltung und Werte und durch Ihre Geschichte,

00:32:13: die wir eben gerade von Ihnen erzählt bekommen haben,

00:32:17: dass vielen Dank für das Teilen dieser persönlichen Einblicke,

00:32:21: spüren wir alle, die hier gerade in diesem Aufnahmestudio sitzen,

00:32:26: wie sehr uns das doch auch bewegt.

00:32:29: Wie kann es, wie ist es Ihnen gelungen,

00:32:32: diese Werte, diese Verantwortung, die Sie spüren,

00:32:36: auch an diejenigen in Ihrem nächsten Umfeld beruflich weitergeben zu können?

00:32:42: Da ist meine Antwort eine sehr einfache.

00:32:44: Ich habe nie von Soldaten, die ich führen dürfte,

00:32:48: etwas anderes verlangt, dass das, was ich selbst zu leisten, bereit war.

00:32:52: Und deswegen habe ich aus genauem Spektr beispielsweise

00:32:56: mich im getauchten U-Boot im Kartikart bewegt

00:33:00: und bin in einem Tornado durch die Waldschneisen von Hohenfels

00:33:05: fast tiefer geflogen, als ich als Panzerkommandant gefahren bin.

00:33:10: Oder war, ich glaube, der bislang einzige Generalinspektör,

00:33:14: der auf der Reiteralpe auf Skie die Gebirgsheger besucht hat.

00:33:19: Ich wollte einfach erleben, was die Männer auch machen

00:33:23: und wollte Ihnen nur zeigen, ich bin bei Euch

00:33:26: und will versuchen, das Beste für Euch rauszuholen.

00:33:31: Das brachte mich manchmal in Konflikte mit meinen Ministern,

00:33:36: weil ich eben gerade in dieser Situation des Umbrauchs,

00:33:39: die ich ja eingangs schon mal geschildert habe, auch dachte,

00:33:44: ich muss versuchen, unseren Menschen in Deutschland,

00:33:47: die die Bundeswehr ja nie so richtig wahrgenommen hat,

00:33:49: das war halt was, was man braucht, ein notwendiges Übel.

00:33:53: So war ja, glaube ich, der Grund, wie viele Kindergärten man bauen könnte,

00:34:02: wenn man statt einem Panzer zu kaufen und so ein Zeug.

00:34:05: Ich dachte, ich müsste auch unsere Öffentlichkeit sagen,

00:34:09: was diese Armee eigentlich wert ist, wozu sie da ist

00:34:12: und zu sie gebraucht werden würde und weshalb man auch Geld dafür ausgeben muss,

00:34:17: so wie man für eine Lebensversicherung oder eine Brandschutzversicherung

00:34:21: Geld ausgibt und die hat dennoch auch oft, dass der Fall nie eintritt,

00:34:25: Verständnis zu wechseln, die Menschen in Deutschland mitzunehmen.

00:34:30: Deswegen bin ich in meiner Zeit, das genannte Spektr auch relativ oft,

00:34:33: öffentlich aufgetreten und das hat mir natürlich manchmal auch ein bisschen

00:34:37: Konflikte mit Politikern gebracht.

00:34:39: In gewissen Fraktionen des Deutschen Bundestages war ich, glaube ich,

00:34:42: nicht sonderlich beliebt.

00:34:44: Die Bundeswehr wird ja oft in der öffentlichen Diskussion auch polarisierender

00:34:50: gestellt oder in der Ecke vielleicht auch gedrückt, wo sie gar nicht ist.

00:34:56: Ich möchte Ihnen gerne die Frage stellen, für wie demokratiefähig halten Sie denn

00:35:01: ein Heer bzw. einmal Soldat, der Befehle empfängt,

00:35:06: wenn der wieder aus dem Heer rausgeht?

00:35:09: Wie gestaltet der denn Gesellschaft?

00:35:12: Befehlungen gehorsam ist kein Widerspruch zur Demokratie.

00:35:19: Befehlungen gehorsam ist eine Notwendigkeit, wenn man Streitkräfte,

00:35:24: die in extremen Situationen ohne langen Nachzudenken handeln müssen

00:35:31: und dabei Verantwortung für das Leben anderer übernehmen.

00:35:35: Da ist es eine Notwendigkeit.

00:35:38: Ich kann mir einfach keine Situation vorstellen, in der ein Soldat,

00:35:43: wie es Soldat der Bundeswehr ja kürzlich erst erlebt haben in Afghanistan,

00:35:48: auf sich zustimmende Taliban sieht und nun seinen Abzug am Gewehr betätigt,

00:35:56: wenn der noch lange darüber nachdenkt, dass Christliches Gebot ist,

00:36:01: das soll es nicht töten und Zweifel entwickelt, dann ist er tot

00:36:05: und die, die er schützen soll, sind mithot.

00:36:08: Also, Disziplin, Befehlungen gehorsam sind unverzichtbare Schalter,

00:36:13: aber das denken aus und das denken und die Verantwortung für andere,

00:36:19: die Verantwortung auch Schutz auszuüben für andere,

00:36:22: das ist das, was den Soldaten ja trotzdem zum demokratiefähigen Bürger macht.

00:36:28: Deswegen ist das Konzept des Bürgers in Uniform, finde ich,

00:36:32: ein durchaus lohnendes und beispiellgebendes,

00:36:36: und das sind wir ja auch erst darauf gekommen, nachdem wir ein paar Mal daneben geteppt haben.

00:36:40: Können Sie ja an sich sagen, ob man jemals aufhört, Soldat zu sein?

00:36:45: Sie sind jetzt im Ruhestand, Sie könnten vielleicht auch sagen,

00:36:48: lasse ich alles stehen, fallen liegen, kümmert mich nicht mehr

00:36:52: ab unter die Palme an den Strand?

00:36:55: Also, es gibt den München bei den Anhängern des TSV 1860,

00:37:00: München den Spruch "Eimer Löwe, immer Löwe".

00:37:03: Und ich glaube, in gewisser Weise möchte ich das für mich in meiner Haltung als Soldat,

00:37:09: als ehemaliger Soldat der Anspruch nehmen.

00:37:12: Ich habe den Eindruck gehabt, dass diese Bundeswehr mit einer der großen Erfolgsgeschichten des Nachkriegs Deutschland war.

00:37:22: Wir haben Streitkräfte aufgebaut, die sich harmonisch in eine Demokratie einfügten und die loyal.

00:37:31: Die haben den Primat der Politik beachtet und die dann auch hingenommen haben und hinnehmen mussten,

00:37:40: dass das oberste deutsche Gericht die Bundeswehr als eine Verfassungs- oder Parlamentsarmee bezeichnet hat.

00:37:48: Da kann man lange darüber streiten, ob es juristisch begründet ist, aber immerhin es ist so und die Armee hat das übernommen und folgt dem.

00:37:57: Und von daher gesehen bin ich nach wie vor sehr stolz auf diese Armee und wenn ich irgendwas tun kann,

00:38:04: versiehle, dann werde ich das auch weiterhin tun.

00:38:06: Und als ich für kurzem aufgefordert wurde, im Maximilianär meine Redezeit aus Anlass des 70. Geburtstages einer Organisation zu halten,

00:38:17: und es waren junge Luftwaffenoffizieanwärter da, die sich das anhören mussten oder wollten, weiß ich nicht.

00:38:24: Ich nehme an mussten.

00:38:26: Durften vielleicht?

00:38:28: Ja, das war abends.

00:38:31: Da ist mir im Durfen das schon sehr eingeschränkt bei jungen Leuten.

00:38:35: Wenn ich so an meine eigene Enkeltochter gehe, die hier um die Ecke 089 lieber ist als im Audi Max,

00:38:41: dann kann ich das schon nachvollziehen.

00:38:45: Also wie dann diese jungen Leute am Ende meiner Rede sich vor mir aufbauten und sagten, wir wollten die nur Danke sagen.

00:38:57: Ich dachte, mal wieder musste nicht so ganz schlecht heute gewesen sein.

00:39:04: In der Vorbereitung der Sendung habe ich auch mit Menschen gesprochen und alle, die ich gesprochen habe,

00:39:10: die sie mal erlebt haben oder auch in der Bundeswehr waren, haben auch bei mir mit großer Erfurcht von ihnen berichtet.

00:39:20: Also Erfurcht steht nur dem Papst zu.

00:39:25: Nichtsdestotrotz als die Bundeswehr 65 geworden ist, haben sie ihre Armee gratuliert.

00:39:32: Und so sind sie auch durch die Medien damals gegangen.

00:39:35: Die Verbundenheit ist einfach durch und durch da.

00:39:39: Ja, einmal Löwe, immer Löwe.

00:39:43: Genau. Aber wenn sie mal wirklich gar nichts damit zu tun haben wollen,

00:39:48: gibt es irgendwas, was sie total mal in eine andere Welt entführt, abschalten lässt?

00:39:53: Ein Buch, ein Musikstück, etwas, wo sie sagen, da vergesse auch ich mal ganz kurz.

00:40:01: Also ich lese nach wie vor sehr gerne und oft, manchmal ein bisschen zu oft, nach dem Geschmack meiner Frau.

00:40:09: Und ich höre auch gerne Musik, klassische Musik.

00:40:14: Aber da ist nun auch ein Handicap eingetreten aus, letztlich eine Berufsschädigung.

00:40:22: Mein Gehör ist nicht mehr so toll.

00:40:25: Und wenn ich dann mit den Höhegeräten Musik höre und gleichzeitig meine Frau eine Frage stellt,

00:40:32: dann muss ich mich entscheiden. Musik oder sie. Meistens entscheide ich mich doch für sie.

00:40:37: Und ich bin nach wie vor ein unendlich neujähriger Mensch.

00:40:44: Ich würde so gerne, ich glaube, ich war in 130 oder 140 Ländern dieser Welt,

00:40:50: aber ich würde so gerne noch so manches andere Land sehen.

00:40:54: Ich weiß, dass ich manche Träume nicht mehr erreichen kann,

00:40:58: weil die zum Beispiel des lebensaltert dagegen spricht, jetzt noch eine extensive Tour nach Tibet zu machen,

00:41:05: in 5000 Meter Höhe, das soll man vielleicht nicht mehr so machen.

00:41:10: Es gibt vieles, was ich noch gerne tun möchte und ich weiß eben nicht, wie lang mir noch Zeit gegeben ist

00:41:16: und was ich machen kann, aber die Neugierde wird nicht aufhören.

00:41:21: Neugierde ist ja auch ein Lebensantrieb, von daher hoffen wir, dass sie noch viele dieser Dinge erleben werden,

00:41:28: von denen sie gesprochen haben oder die sie noch vor sich visualisieren oder träumen an dieser Stelle.

00:41:35: Herr Naumann, ich danke Ihnen ganz herzlich für das Gespräch.

00:41:38: Vielen Dank für den Einblick auch in solche privaten Momente

00:41:42: und dass Sie uns hier mit Ihren Ideen und Ihrer Geschichte einfach auch Inspiration gegeben haben

00:41:49: und sogar an Zeitgeschichte teilhaben lassen. Herzlichen Dank, dass Sie heute zu uns gekommen sind.

00:41:55: Ein Vergnügen mit Ihnen zu sprechen. Vielen Dank.

00:41:57: Nur wer dir richtigen Fragen stellt, findet am Ende auch die Antworten,

00:42:03: die zu einer wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Weiterentwicklung Deutschlands beitragen.

00:42:08: Dr. Martin Lang geht diesen Fragen in den RHI-Kontexten auf den Grund.

00:42:13: Schauen Sie rein auf unserer Webseite unter romanherzoginstitut.de oder auf unserem YouTube-Kanal.

00:42:21: Tina Meyer Schneider trifft alle zwei Wochen die Menschen dahinter im Podcast des Romanherzog-Instituts.

00:42:29: Zu hören, überall, wo es Podcasts gibt. Abonnieren Sie uns!

00:42:34: Copyright WDR 2021

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